Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. (Nietzsche)

Sonntag, 8. März 2015

Spontis zeugen Banker...

Kinder zu beobachten ist eine spannende Sache - vor allem natürlich bei den eigenen. In den ersten Jahren wird man fasziniert von den vielen Entwicklungsschritten, die so ein Kleinkind zu bewältigen hat, die zumeist motorischer Natur sind: greifen lernen, was übergeht zu begreifen lernen, robben, krabbeln, laufen, die ersten Worte - und alles in einem Zeitraffertempo, dass man aus dem Staunen nicht herauskommt.

Die Enwicklungen späterer Jahre sind dann schon eher intellektueller Natur: Jedes Kind entwickelt ein eigenes Selbstverständnis, eine eigene Art zu denken und sich auszudrücken und unweigerlich fängt man als Eltern an festzustellen: Das hat sie aber von dir! Guck mal, genau wie du! So wird, von der Optik abgesehen, spätestens dann überdeutlich, dass jedes Kind ein Teil beider Eltern ist - und darüber hinaus ein ganz eigenes Wesen! Auch im Vergleich mit den Geschwistern wird schnell klar: so ähnlich sie sich in manchen Dingen, Mimiken, Verhaltensweisen und Vorlieben sind, so unterschiedlich ist dies in anderen Bereichen.

Schon vor einigen Jahren habe ich gedacht, dass es sicher eine spannende Zeit wird, wenn die Nachwuchsblondinen Richtung Pubertät und damit Richtung Abgrenzung von den Eltern marschieren: Um eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln und zu festigen ist es wichtig, dass sie sich abgrenzen und sich selbst entdecken.

Dabei kommt mir immer das Lied von Roger Cicero in den Kopf "Spontis zeugen Banker", in dem es heißt:

"Spontis zeugen Banker - Richter kriegen Punker
und Spießer kleine fiese Revoluzzer
linke Kommunisten gebären Chauvinisten
Pedanten machen immer Nestbeschmutzer
doch im Alter irgendwann - gleichen sie sich an"

Spannend ist dieser Prozess sicher immer, in unserem speziellen Fall war aber auch immer die Frage: von wem können und werden sie sich denn abgrenzen? Spannend vor allem deshalb, weil der Vater der Meute und ich in vielen Dingen nämlich extrem unterschiedlich sind und denken. Auch wenn er das mitunter ungern hört, ist er doch einer der erzkonservativsten Menschen, die mir je begegnet sind, was man von mir beileibe nicht behaupten kann.

Wie sich in den letzten ein, zwei Jahren gezeigt hat, funktioniert die Abgrenzung am simpelsten im Musikgeschmack. Denn was hier mitunter ohrenbetäubend durchs Haus dröhnt, gefällt keinem von uns. Wobei man wohl dankbar sein muss, denn es könnte sicher schlimmer sein als Selena Gomez (bei der einen) und Kesha, Deichkind und Cro (bei der anderen). Fallen gitarrenlastiker Rock und 80er Jahre per se raus, hätten auch kleine Volksmusikfans hier wohnen können - was wohl für beide Eltern die Höchststrafe gewesen wäre... oder Helene-Fischer-Groupies...ach nein, das hört ja der Vater...

Beim Kleidungsgeschmack hingegen kann man das von der Tagesform abhängig machen, ob man dem Vater den ein oder anderen Herzinfarkt verschaffen möchte oder nicht: Jeans und Shirt sind immer ungefährlich, läuft der Nachwuchs dann aber in Miniröcken rum, entstehen im Vaterhirn automatisch rote Alarmglocken und Schreckensszenarien.

Auf einen Themenbereich, der aber erst in einigen Jahren akut werden wird, freue ich mich besonders, denn er wird am meisten Potential bieten: ausgehen!
Diesen Komplex meidet der männliche Beschützer der Nachwuchsblondinen in seinem Kopf bisher kategorisch, indem er sich einredet, er lasse sie einfach erst aus dem Haus, wenn sie mindestens 25 sind....nee 30...ach einfach gar nicht. Wie wenig praktikabel das sein wird, wird er dann wohl oder übel entdecken - ja, auch Eltern lernen nie aus und entwickeln sich.

Warum ich mich darauf freue? Das liegt daran, dass ich in einer kleinen fiesen Ecke meines Herzens immer schon gesagt habe: Die ersten 13, 14 Jahre sind für mich als Mutter am anstrengendsten und mit Kämpfen durchsetzt - denn da ich die meiste Zeit mit ihnen verbringe, muss ich mich meist den Durchsetzungskämpfen stellen und meinen Standpunkt klarmachen und durchsetzen - wohingegen der Papa - jaaa der Papa, der Held ihres kleinen Lebens, das ist ja der liebe, gute Papa!

Dann aber wird es am lieben, guten Papa sein, ihnen zu erklären, warum sie am Wochenende nicht die Nächt durchtanzen dürfen - denn das ist auch ihm klar: Ich werde sie daran nicht hindern, ihre Jugend zu erleben und ihre Erfahrungen zu machen. Ich werde darauf vertrauen, dass wir ihnen die uns wichtigen Werte vermitteln konnten. 
An seinen Töchtern zweifelt übrigens auch der besorgte Vater nicht - allerdings an sämtlich Y-Chromosomenträger dieses Planeten ;-)